Jung van Matt war wieder kreativ, und ich bin wieder subversiv: »Du bist Deutschland« hat mir nicht gefallen und »Recht auf Menschenrecht« gefällt mir auch nicht. Warum? Die Menschenrechte sind gut gemeint, aber leider nicht gewaltfrei. In Artikel 17.2. heißt es:
»Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden.«
Das ist eine negative Rechtsdefinition. Die funktioniert, denn es gibt nur das Recht, von anderen nicht getötet zu werden, bestohlen, erpresst, versklavt oder was auch immer. Es kann aber kein Recht auf etwas geben, zum Beispiel auf Arbeit, Bildung, Nahrung, Kleidung, Wohnung oder ärztliche Versorgung — so wie in den Menschenrechts-Artikeln 23-26 gefordert. Um diese Rechte durchzusetzen, müsste man die Rechte anderer Menschen verletzen. Für die Nahrung, Kleidung, Bildung und Wohnung des einen, muss ein anderer bezahlen, also willkürlich seines Eigentums beraubt, erpresst oder versklavt werden. So ist das mit Rechten, die sich nicht auf eine negative Formulierung beschränken: Es sind Forderungen und keine Bitten.
Ich verstehe natürlich das Engagement der kreativen Elite in diesem Kampagnenfilm. Sie haben die besten Absichten, aber leider ungeschickte Strategien. Zu Ende gedacht, sind deren Forderungen totalitär. Wir können Armut und Ungleichheit leider nicht per Dekret abschaffen. Bei Popper heißt es: »Der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, produziert stets die Hölle.« Es gibt daher leider nur ein Recht und das lautet positiv formuliert so:
Wenn Sie manchen Facebook-Kommentar in den vergangenen Wochen gelesen haben, dann macht Sie das vielleicht wütend, und eventuell fühlen Sie sich auch ohnmächtig, weil sie ein großes Bedürfnis nach Gerechtigkeit und Sicherheit für alle haben. Ihre Bitte an die Legislative lautet daher, drakonische und unorthodoxe Strafen einzuführen (Führerscheinentzug für Online-Beleidigungen).
Wenn ich das lese, bekomme ich Angst, weil ich meine Meinung gerne mal pointiert formuliere und ein großes Bedürfnis nach Klarheit habe. Meine Bitte an Sie lautet daher: Könnten Sie mir die folgenden Fragen beantworten?
Wie werden »Hasskommentare« und »Propaganda« in Ihrem Gesetzesentwurf definiert? Was genau darf ich dann noch schreiben, und wann muss ich mir Sorgen machen, rasch bestraft zu werden, sodass es weh tut? Darf man künftig beispielsweise noch sagen, dass Menschengruppen nicht »verwertbar« sind?
Darf ich andere »emotionslose Kreaturen und mutwillige Intelligenzflüchtlinge« nennen? Und was ist mit »ekelerregend, degenerierte Menschendarsteller«? > Kalkofe zur Dummheit
Darf ich zu Menschen sagen »ihr seid Schmirgelpapier mit dem sich keiner den Arsch abwischen wird«, »pöbelnder Mob«, »dümmer als Dummdeutschland«? > Christoph Sieber
Vielleicht irritieren Sie diese Fragen jetzt, weil die ausgewählten Beispiele alle von Leuten stammen, die gemeinsam mit Ihnen auf einer Seite stehen und sich gegen Ausländerfeindlichkeit engagieren? Ich habe diese Beispiele jedoch bewusst gewählt, um Sie dabei zu unterstützen, noch besser zu identifizieren, wo genau Ihre Bedürfnisse liegen.
Geht es Ihnen vielleicht gar nicht darum, dass Kommentare Hass enthalten oder Propaganda, sondern eher darum, dass man nicht die Falschen mit Hass übersät oder mit Propaganda diskreditiert? In diesem Falle hätte ich gerne Ihre Definition der Gruppen, bei denen Hasskommentare weiterhin erlaubt wären, und der Gruppen, bei denen solche Kommentare hart und schmerzhaft bestraft würden.
Dürfte man weiter auf Kapitalisten und Bankiers schimpfen? Auf die US-Regierung, die US-Army und US-Firmen wie Amazon? Auf Mietshausbesitzer, deutsche Arbeitgeber und die Bildzeitung? Darf der Facebook-Nutzer weiterhin die Deutschen im Allgemeinen beschimpfen und Thilo Sarrazin, Eva Herman oder die CSU im Besonderen? Ist das künftig weiterhin alles erlaubt, so lange Menschen aus fremden Ländern im Süden verschont bleiben? Der Grund für Ihre Diskriminierung bei den Diskriminierungs-Strafen könnte ja sein, dass Sie denken, die von mir erwähnten Gruppen von Obama bis Sarrazin seien gut in der Lage, sich selbst zu verteidigen — Flüchtlinge und Immigranten jedoch nicht.
Im Voraus vielen Dank für Ihre Antworten. Außerdem möchte ich Ihnen für Ihre zukünftige Arbeit alles Gute wünschen; einfacher wird es für die Polizei in den nächsten Jahren sicher nicht.
Ich habe Ihre Aussage in Frontal gehört und war zunächst sehr erschrocken. Hier noch mal die Mitschrift: (Ich denke, das »nicht« haben Sie vergessen.)
»Das Europa des Gemeinschaftsgeistes brauchen wir. Und das muss sich notfalls jetzt auch mal mit Macht durchsetzen. Es kann nicht sein, dass die — ich gehöre zu diesen Leuten — die sagen, wir werden im 21. Jhd. — im globalen 21. Jhd. — globale Probleme nicht mit Nationalismus lösen, dass die (nicht) irgendwann auch mal kämpfen und sagen: ›Wir setzen uns notfalls auch in einem Kampf gegen die anderen durch.‹«
Um etwas mehr Klarheit zu bekommen und auch um mich zu beruhigen, habe ich ihre Sätze mit einer wohlwollenden Grundhaltung und der Technik der gewaltfreien Kommunikation in folgende Worte übersetzt:
»Wenn ich die Aussagen und Handlungen einiger europäischer Regierungen sehe, dann fühle ich mich ohnmächtig, hilflos und verzweifelt, weil ich ein großes Bedürfnis nach Fürsorge und Gemeinschaft hebe. Meine Bitte an die anderen Staaten lautet: Formulieren wir unsere Wünsche mit mehr Klarheit und Nachdruck und geben wir nicht zu schnell auf, sondern kämpfen wir für unsere Ideen.«
Meine Reaktion hierauf lautet:
Ich kann mich wunderbar mit Ihren Bedürfnissen nach Fürsorge und Gemeinschaft verbinden. Ich sehe Ihren großen Einsatz, spüre ihre Verzweiflung wie Ohnmacht und höre auch, wie wichtig Ihnen Ihre Anliegen sind. Wenn ich gleichzeitig höre, dass sich das Europa des Gemeinschaftsgeistes mit Macht durchsetzen soll, dann wird mir Angst und Bang, denn ich habe ein großes Bedürfnis nach friedlichen Konfliktlösungen. Könnten Sie mir bitte erklären, was Sie meinen, wenn Sie sagen »mit Macht durchsetzen«? Meinen Sie wirtschaftlichen Sanktionen, Stop von Transfer-Leistungen und ggf. den Ausschluss aus der EU?
Mit Grenzkontrollen hat sich Angela Merkel eine Atempause verschafft. Mein Vorschlag: Wir nutzen schon die Atempause zum Nachdenken über Grundsätzliches und warten nicht auf ihren Rücktritt im Herbst 2017.
Ein Teil der Volkswirtschaftslehre ist die Wohlfahrtsökonomie; bei der geht es um die effiziente Allokation von Hilfe-Ressourcen. Man könnte auch einfach sagen: Hilfe ohne Verschwendung. Ein Werkzeug hierbei ist die so genannte strategische Triage. In der Medizin ist der Grundgedanke der Triage recht geläufig:
Treffen in einem Krieg oder einer anderen Katastrophe viele Verwundete auf wenige Ärzte, geht es darum, mittels einfacher Selektion, die Zahl der Überlebenden zu maximieren. Der überlastete Mediziner teilt dabei die Verwundeten in drei Gruppen:
Verletzte, die ohne sofortige Hilfe wahrscheinlich überleben
Verletzte, die nur mit sofortiger, aber moderater Hilfe wahrscheinlich überleben
Verletzte, die nur mit hohen Einsatz wahrscheinlich überleben
Die erste und die dritte Gruppe fallen jetzt der Triage zum Opfer und werden erst versorgt, wenn genügend weitere Ärzte eingetroffen sind. Die Ärzte vor Ort können sich nach einer schnellen Triage bis zum Eintreffen der Kollegen um die Verletzten kümmern, die davon maximal profitieren. Ein Arzt müsste natürlich auch dann triagieren, wenn er wüsste, dass keine weiteren Kollegen kommen, denn auch in diesem Fall würde er versuchen, die Zahl der Überlebenden zu maximieren.
Es kommt hierbei zu einem scheinbaren moralischen Dilemma, weil man genau die Menschen bewusst nicht versorgt, deren Notlage am größten ist. Hier werden Menschen ohne eigenes Verschulden zu Opfern der Umstände. So belastend dieses effizient-rationale Verhalten auch sein mag, die Maximierung der Rettung von Menschenleben ist sinnvoller als alle Alternativen. An diesem nützlichen Prinzip der strategischen Triage ändert auch die Tatsache nichts, dass der Arzt nur unvollständige Informationen hat. Niemand kann mit 100-prozentiger Sicherheit einschätzen, welche Verletzte in welche Gruppe gehören.
Stellen wir diesem rational tiragierenden Arzt jetzt einen weniger kühl abwägenden Arzt gegenüber. Ich nenne ihn mal den emotionalen Menschenfreund. Er sieht die vielen Verletzten, und da der Nächstgelegene schwer verletzt ist, beginnt der emotionale Menschenfreund sogleich mit der Behandlung. Es ist eine komplizierte und lange Operation. Nach fünfstündigem Kampf gegen den Tod verstirbt der Patient leider. In dieser Zeit sind bedauerlicherweise drei andere Patienten verblutet, die beim Setzen anderer Prioritäten hätten gerettet werden können. Ich denke, mein Punkt ist klar geworden.
Was bedeutet das nun für die aktuelle Situation?
So wie der Arzt, dem die Zeit und zwanzig Helfer fehlen, hat auch Deutschland begrenzte Ressourcen. Diese gilt es so effizient als möglich einzusetzen. Dass wir nicht alle Flüchtlinge der Welt bei uns aufnehmen und lebenslang menschenwürdig versorgen können, müsste inzwischen auch dem Letzten einleuchten. Also geht es darum, einen Weg zu finden, wie man die vorhanden Ressourcen bestmöglich einsetzt. Ein Beispiel für diese Vorgehensweise war der Kopenhagener Konsens. Bei diesem Projekt wurde 2004 versucht, bei den wichtigsten Herausforderungen der Menschheit (Hunger, Krankheiten, Wasserversorgung, Handelsbeschränkungen, Korruption etc.) Prioritäten zu setzen. Das Projekt nutzte die Methoden der Wohlfahrtsökonomie, um mit Kosten-Nutzen-Analysen herauszufinden, wo eine bestimmte Summe Geld am besten eingesetzt wird. Weitere Projektsitzungen gab es 2007, 2008, 2009, 2011 und 2012. Die Ergebnisse waren überraschend und teilweise kontra-intuitiv. 2012 wurde beispielsweise Nahrungsergänzungs-Mitteln die höchste Priorität gegeben.
Ich bin nicht sicher, ob solche grundsätzlichen Überlegungen jemals im Kanzleramt angestellt wurden — zumindest fehlen mir Hinweise darauf.
»Darf man denn an das Flüchtlingsthema mit solch kalt-rational-ökonomischem Kalkül herangehen?«, werden einige vielleicht fragen. Es gehe doch um Menschenleben, wie wir in den letzten Wochen praktisch in jeder Talkshow hören konnten. Im Alltag machen wir schließlich auch keine kalte, rational-ökonomische Kosten-Nutzen-Analyse, wenn uns der Bettler seinen Hut vor die Füße legt. Da werfen wir spontan ein paar Münzen hinein. Müssen wir uns jetzt schlecht fühlen, wenn das Geld woanders mehr Leid hätte vermeiden können? Nein, müssen wir nicht, denn es ist unser Geld, was da im Hut gelandet ist. Wenn man aber — so wie die Bundesregierung — das Geld fremder Leute verwaltet, gelten andere Regeln; vor allem, wenn dieses Geld nicht freiwillig gegeben wurde, sondern unter Androhung von Gewalt den Besitzer gewechselt hat. Eben deshalb fände ich es besser, wenn hier das Hirn unser Herz leiten würde und nicht umgekehrt.
Die Bundesregierung hat die Situation aktiv gestaltet mit der wiederholten Botschaft,
dass hier eine Willkommenskultur herrsche,
mit der bedingungslosen Einreiseerlaubnis für alle in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge,
mit der Kanzler-Mitteilung, dass es keine Obergrenze beim Asyl gebe
und mit der Versicherung, dass Deutschland das schon schaffen werde.
Ich plädiere dafür, die Verschnaufpause für einen Berliner Konsens zu nutzen. Dies sollte jedoch keine Enquete-Kommission mit lauter Politikern sein, sondern eine mit vielen unabhängigen Wirtschaftswissenschaftlern — am besten solche, die etwas von Wohlfahrtsökonomie verstehen. Und vielleicht auch ein paar, die die österreichische Schule der Nationalökonomie nicht nur dem Namen nach kennen. Der Kopenhagen-Konsens wird mittlerweile übrigens privat finanziert. Das reduziert die Abhängigkeit von der Politik, und das böte eine tolle Spenden-Gelegenheit für alle, die einen anderen Beitrag leisten wollen, als mit Anti-Rechts-Videos bei Facebook »ein Zeichen zu setzen« oder Willkommens-Schilder auf Bahnhöfen hochzuhalten — so edelmütig und empathisch Letzteres auch sein mag.
Bei den Wunschkandidaten der Kommissionsmitglieder stünden zwei Namen ganz oben auf meiner Liste: Erstens Gunnar Heinsohn, der dokumentieren könnte, warum dem Youth Bulge unsere größte Sorge gelten sollte. Und zweitens Hernando de Soto, der erklären könnte, warum Eigentumsrechte die Schlüssel zum Wohlstand sind. Wobei Wohlstand auch das beste Mittel gegen den Youth Bulge darstellt.
Um dem Missverständnis nicht mit Karacho in die Arme zu rennen: Hier handelt es sich um Vorschläge innerhalb des bestehenden Systems der institutionalisierten, initiierenden Gewalt. In meiner präferierten Welt ohne Gewaltmonopol gibt es keine Staatsgrenzen und damit auch keine grundsätzliche Ausgrenzung von Flüchtlingen, gleich welcher Fluchtgründe. Aber auch mit der Prämisse des Gewaltmonopols gibt es nützlichere Reaktionen und weniger nützliche. Darüber zu diskutieren, lohnt sich. Gleichwohl gilt es, das Ölflecktheorem immer wieder in Erinnerung zu rufen.
Weiterführende Informationen
Ich empfehle folgendes Video zum Thema Youth-Bulge, bei dem Gunnar Heinsohn im philosophischen Quartett das Konzept erklärt:
Und hier noch der TED-Vortrag von Bjørn Lomborg, der die Idee zum Kopenhagen Konsens hatte:
Eine anmaßende Überschrift, ich weiß. Aber lesen Sie erst mal weiter.
Weltweit erziehen Eltern ihre Kinder — mit edlen Motiven und fatalen Wirkungen. Kinder kennen auf Freiheitsbeschränkungen nämlich nur zwei Reaktionen: Unterwerfung oder Rebellion. Nach anfänglicher Unterwerfung stauen sich Wut und Frustration. Irgendwann entsteht eine scheinbar völlig unangemessene Reaktion: Das Kind schreit, schlägt, stiehlt, mobbt, lügt, zerstört — ohne selbst genau zu wissen, warum. Jetzt können die Eltern dem Kind ein schlechtes Gewissen machen; und haben außerdem eine nachträgliche Rechtfertigung für ihre Freiheitsbeschränkungen. Nach genügend ähnlichen Fällen kommt das Kind selbst zu der Überzeugung, dass es einen schlechten Kern hat, der offensichtlich präventiv im Zaume gehalten werden muss. Es schließt von sich auf alle anderen, und so wird auch dieses Kind später seine Kinder bevormunden, vor sich selbst beschützen und mit den besten Absichten versuchen, es zur Tugendhaftigkeit zu erziehen. Das ist der Teufelskreis des Misstrauens, der eine Gesellschaft ohne Gewaltmonopol zielsicher verhindert.
Der Leser möge bitte selbstkritisch prüfen, ob diese Kausalkette wirklich nur auf eine konspirative Gemeinschaft mit dem Namen »die anderen« zutrifft.
Die Lösung des Problems in einem Absatz:
Jeder kann durch eigene Versuche die Erfahrung machen, dass man Menschen grundsätzlich vertrauen kann. Auch Kindern. Menschen sind nämlich weder Engel noch Teufel. Und jeder kann das an sich selbst beobachten: Je nach dem, wie man uns begegnet, zeigen wir unsere beste oder schlechteste Seite.
Es ist dabei hoffnungsstiftend und tragisch zugleich, dass Vertrauen und Misstrauen die Tendenz haben, sich zu bestätigen: Vertrauen wir unserem Gegenüber und machen wir uns dadurch verletzlich, entsteht in ihm eine Selbstverpflichtung, dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Misstrauen wir unserem Gegenüber vor jeder Erfahrung, sinkt dessen Wohlwollen in gleichem Maße, und wahrscheinlich werden wir unser Misstrauen am Ende gerechtfertigt sehen.
Die Fesseln der eigenen Kinder zu lösen, erfordert allerdings Mut. Zumal sich beim Kind ein Berg von negativen Erfahrungen nach einer kleinen Geste nicht gleich in Luft auflöst. Aber mit etwas Geduld wird der Prozess irgendwann selbst-verstärkend und die Spirale des Misstrauens und der Gewalt ist gebrochen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Eltern und Kinder, um Lehrer und Schüler, um Chefs und Mitarbeiter oder Politiker und Bürger handelt.
Im Philosophie-Unterricht in Joshs sechster Klasse wurde das Thema Einwanderung behandelt. Als er nach Hause kam, fragte er mich, wie das Thema denn aus gewaltfreier Sicht gesehen wird. Josh sieht sich übrigens auch als Anarchist: Er findet Schulpflicht und Erziehung doof.
Ich habe ihm in meinem radikal-pointierten Stil zuerst erklärt, dass es aus meiner Sicht grob vereinfacht drei nicht-anarchistische Positionen gibt.
1. Nationale Sozialisten fordern:
— alle Einwanderer abschieben
— keine neuen Einwanderer reinlassen
— Mauer bauen
— Deutschland den Deutschen
2. Internationale Sozialisten fordern:
— Alle Einwanderer aufnehmen, legalisieren und Vielfalt stärken
— Nazis ausgrenzen
— Entwicklungshilfe beibehalten oder erhöhen
— Integrationskosten und Sozialleistungen trägt der Steuerzahler
3. Demokratische Sozialisten fordern:
— Bestehendes deutsches und EU-Recht anwenden
— pol. Flüchtlinge aufnehmen, Wirtschaftsflüchtlinge abschieben
— beschleunigte Asyl-Verfahren und schnellere Abschiebung
— Alle EU-Länder nehmen fairen Anteil an Flüchtlingen auf
Eine gewaltfreie Haltung würdigt zunächst alle drei Positionen, denn alle teilen die Bedürfnisse von Sicherheit, Frieden und Wohlstand. Es gibt lediglich Differenzen bei den Strategien, diese Bedürfnisse zu befriedigen.
Leider ist bei allen drei Strategien Gewalt im Spiel und praktisch immer, wenn man in das freiwillige Kooperieren und Tauschen der Menschen gewaltvoll eingreift, werden Folge-Interventionen nötig und es entsteht eine Interventionsspirale der Gewalt. Diese Erkenntnis ist unter dem Namen Ölflecktheorem bekannt:
(Solltet ihr das nicht kennen, empfehle ich vor dem Weiterlesen zumindest das Beispiel mit den Mietpreisen in dem verlinkten Wikipedia-Eintrag zu lesen.)
Wenn man in dieser Spirale nun schon ein paar Umdrehungen hinter sich hat, gibt es meist keine schnelle Lösung mehr. Die Spirale muss ganz zurück gedreht werden. Also: Wie sähe eine Gesellschaft ohne Gewalt aus und wie würde man da mit Flüchtlingen umgehen?
In einer herrschaftsfreien Gesellschaft ohne Gewaltmonopol und ohne legale, initiierende Gewalt entfallen mit dem Staat auch die Staatsgrenzen. Es kann also niemand von einer zentralen Instanz ausgeschlossen werden. Wenn ich in meiner Wohnung einen Flüchtling aufnehmen möchte, dann braucht er kein Visum oder ähnliches. In dieser Gesellschaft entfallen jedoch nicht nur die Staatsgrenzen, sondern es entfällt auch die erzwungene Solidarität. Es gibt keine Umverteilung mehr mit der Waffe. Niemand kann also Hilfe fordern, sondern nur darum bitten. Durch den Wegfall aller Zwangsabgaben haben die Menschen dann allerdings viel mehr Spielraum für freiwillige Hilfe. Wie groß die freiwillige Hilfe und die intrinsische Solidarität jetzt schon ist, kann man überall im Internet sehen: